Die tägliche Verwendung von Repräsentationen geschieht sowohl vor ästhetischem als auch politischem Hintergrund. Peter Friedls Arbeit bewegt sich in der Kluft und Spannung zwischen diesen beiden Begriffen. Sie konfrontiert Kunstgeschichte mit anderen Ausdrucksformen und Gattungen der gesellschaftlichen, politischen unt biografischen Geschichtsschreibung. Seine Serie von Postcards besteht aus gescannten, vergrösserten und neu gedruckten Postkarten. Ein Set, auf welchem Hunde und Spielzeugkatzen abgebildet sind, schickte die Mutter des Künstlers im Jahr 1963 aus der Schweiz an ihren jungen Sohn, das andere, welches europäische Sehenswürdigkeiten – Schlösser, Häfen, Landschaften, historische Stätten, Kunstwerke – zeigt, wurde im Sommer 1976 von Friedl an seine Mutter gesendet. Die Postkarten-Serie schließt die Lücke zwischen Dokument und Artefakt und behandelt Intimität, Erinnerung und Verlust: Die Abbildungen werden der Öffentlichkeit gezeigt, aber der schriftliche Inhalt auf den Rückseiten werden dabei zensiert.
Das fortlaufende Projekt Theory of Justice bezieht sich auf den US-amerikanischen Philosophen John Rawls (1922–2002), dessen Werke A Theory of Justice und Justice as Fairness klassische Beispiele des politischen Liberalismus sind und die Möglichkeit einer wohlgeordneten, auf einem übergreifenden Konsens ihrer Mitglieder basierenden Gesellschaft verteidigen. Im gegenwärtigen globalen Drama des Ausschlusses und der Marginalisierung jedoch nimmt der Konflikt den Platz des Konsens ein und verwendet die Logik des Politischen als Widerstand und Opposition gegen die Apparaturen der Regierung, Unterdrückung durch die Polizei und institutionelle Regulierung. Die Theorien der Gerechtigkeit werden somit zunehmend realitätsfremd.
Jede Theorie zeichnet ein Bild der Welt. Aber was geschieht, wenn die Bilder selbst zur Theorie werden wollen? Was ist, und was erreicht bildliche Gerechtigkeit?
PALAZZO DELLE POSTE, VIA S.S. TRINITA’ 27, I-38100 TRIENT, ITALIEN
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